Malte Wellmann ist Projektleiter für AR/VR-Themen der HEC

Trends und Technologien

Begleiten, erleben, sichtbar machen: wie Unternehmen von Augmented und Virtual Reality profitieren

11. Februar 2020 / Annekathrin Gut

 

Werden wir in Zukunft täglich mit einer Datenbrille auf der Nase herumlaufen? In manchen Berufen, bei Präsentationen oder im Verkaufsgespräch vielleicht schon. Malte Gode hat das Thema Augmented- (AR) und Virtual Reality (VR) für die HEC GmbH entdeckt. Der Leiter des AR/VR-Projektteams erzählt, was diese Technologie für Unternehmen bedeutet und wie sie sich umsetzen lässt.

Die meisten Menschen sind hellauf begeistert, wenn sie durch eine Augmented- oder Virtual-Reality-Brille schauen. Hast du eine Erklärung dafür, warum wir diese Technologien so faszinierend finden?

Malte Gode: Für viele Menschen ist das eine Erfahrung, die sie sich vorher nicht haben vorstellen können: Dass das, was sie durch so eine Brille sehen, wirklich so anders ist, als das, was sie auf einem Bildschirm sehen. Durch die VR-Brille hat man – noch mehr als in einem 3D-Kino – ein plastisches Erlebnis. Fachleute nennen das stereoskopisch. Ein 3D-Kino wirkt aber im Vergleich zur Brille wenig immersiv. Mit ihr kann man ganz natürlich in diese dreidimensionale Welt hineinlaufen, statt sie nur dreidimensional auf einer Leinwand zu erleben.

Und was macht im Vergleich zur Virtual- die Augmented Reality so spannend?

Wir haben kürzlich eine Software für die Einrichtung von Büros entwickelt. Wenn man erst den leeren Raum sieht und dann die Brille aufsetzt, ist es sehr beeindruckend, das ganze Büro auf einmal eingerichtet zu sehen. Die Möbel stehen genau da wo sie stehen sollen. Man kann im realen Raum herumlaufen und sich die Möbel im Detail anschauen. In VR wäre das auch möglich, aber eben nicht im wirklich existierenden Raum.   

Du hast das Thema vor einigen Jahren für die HEC entdeckt. Was gab dafür den Impuls?

Ja, genau. Ich hatte mich schon in meinem Studium mit der Augmented Reality-Technik beschäftigt, da gab es aber noch nicht so beeindruckende Technik wie heute. Dann hatten wir die Chance, gemeinsam mit einem großen deutschen Automobilhersteller ein Projekt umzusetzen. Es ging um die Visualisierung von Felgen an realen Fahrzeugen. Man kann sich das so vorstellen, dass man das eigene Auto in der echten Welt vor sich sieht und sich darauf mit Hilfe einer Microsoft HoloLens digital die Felgen anschauen kann.

Das Team wurde dann immer größer und es kam neue Hardware dazu, zum Beispiel Virtual Reality-Brillen oder Augmented Reality-Anwendungen, die auf einem Smartphone laufen. Wir arbeiten stets mit den neusten AR- und VR-Geräten und haben inzwischen eine ganze Reihe von Projekten umgesetzt.

"Virtual Reality ist mitun­ter inten­siv."

Was sind für dich die Herausforderungen dieser Technologie?

Neben dem stetig wachsenden Angebot an AR- und VR-Brillen muss man bei der Umsetzung der Projekte selbst einiges beachten. Wenn man für die Augmented Reality-Welt etwas entwirft, ist es wichtig, immer den Bezug zur Realität herzustellen. Die Nutzer bewegen sich in der realen Welt und können überall hinlaufen. Wenn wir zum Beispiel ein Bedienungsmenü an der Wand aufhängen, dann laufen sie womöglich weg und finden es nicht mehr wieder. Wie lenke ich also den Blick des Nutzers? Bei der Applikation für den Automobilhersteller wird man zum Beispiel über einen dreidimensionalen Surround-Soundeffekt angeleitet, in die entsprechende Richtung zu schauen. Das hat ganz prima funktioniert.

Und bei Virtual Reality?

Virtual Reality kann mitunter sehr intensiv sein. Man muss aufpassen, dass die Nutzer eine ruhige, stabile Erfahrung genießen können. Sie sollen die Anwendung als etwas wahrnehmen, das sich natürlich anfühlt. Das erreichen wir zum Beispiel dadurch, dass der Nutzer jede Bewegung, die er in der virtuellen Welt erlebt, auch in der echten Welt ausführt. Dadurch hat man nicht den Schwindel-Effekt, den es in den Anfängen von VR noch gab.

"Fühle ich mich hier wohl?"

Es gibt ja richtig spektakuläre VR-Simulationen, die wirken, als wäre man im Kino. Was ist denn für die Unternehmen in verschiedenen Branchen sinnvoll und realistisch?

Es gibt verschiedene Anwendungsbereiche. In der Virtual Reality haben wir den großen Vorteil des räumlichen Wahrnehmens. Das bedeutet zum Beispiel auf die Immobilienbranche übersetzt, ich kann in ein Zimmer eintreten und sehe: Passt meine Couch da hinein? Fühle ich mich hier wohl? Ist der Raum groß genug? Solche Fragen bekomme ich dadurch beantwortet, dass ich den Raum erlebe. Was VR hier leisten kann, können eine Zeichnung oder ein Video absolut nicht bieten.

Von Augmented Reality profitiert die Immobilienbranche dadurch, dass sich zum Beispiel Gebäude auf der Baustelle darstellen lassen. Nutzer können eine App herunterladen und sehen das Haus auf ihrem Smartphone oder Tablet so wie es später einmal dastehen wird. Und sie können sich darum herumbewegen. Diese Technologie bietet für die Vermarktung von Immobilien ganz neue Möglichkeiten.

Welche weiteren Möglichkeiten gibt es?

Die Augmented Reality lässt sich überall dort gut nutzen, wo es um Wartung und Instandhaltung geht. Mit dieser Technologie kann man visualisieren, welcher Knopf an einer Maschine gedrückt werden muss. Oder es können Erklärungen und Trainings eingespielt werden. Immer wenn es darauf ankommt, wo genau in der realen Welt etwas stattfinden soll, kann Augmented Reality sehr gut helfen. Gut funktioniert das auch im Marketing. Jedes Produkt, das sich in 3D visualisieren lässt – vom Kleidungsstück bis zum Auto – lässt sich in Augmented oder auch in Virtual Reality vermarkten. Hier können wir dann auch „spektakuläre“ Erfahrungen schaffen. Wenn es etwa darum geht, ein Fahrzeug besonders in Szene zu setzen und damit eine Emotion zu vermitteln, ist VR unschlagbar.

Wie schafft man es, das sichtbar zu machen, was noch gar nicht da ist?

Es gibt verschiedene Wege dahin zu kommen. Im besten Falle sind schon 3D-Daten vorhanden. In der Automobilindustrie werden zum Beispiel im Entwurfsprozess 3D-Modelle angefertigt. Meist werden diese auf dem Monitor als Präsentation oder Werbevideo angesehen. Mit Augmented oder Virtual Reality kann man das auf ein ganz neues Level heben. Fragen wie Größenverhältnisse oder Bezug zum Raum lassen sich dann klären. Wenn ich nur den Grundriss einer Immobilie habe, kann ich daraus mit entsprechender Software sehr schnell ein dreidimensionales Gebäude machen. Bei vorhandenen Produkten ist es möglich, sie mit einem 3D-Scan in die digitale Welt zu bringen. Und wenn nur eine Idee da ist, dann arbeitet man mit einer ganz einfachen Zeichnung. Unsere 3D-Artists schaffen sozusagen aus dem Nichts ein tatsächliches 3D-Modell.

Wie geht ihr dann vor? Schreibt ihr wie bei einem Film ein Storyboard?

Am Anfang steht ja immer die Idee des Kunden. Unter dem Aspekt der Machbarkeit und mit unserer Projekterfahrung entwickeln wir daraus ein Konzept. Das kann zum Beispiel eine Projektskizze mit verschiedenen Phasen sein, auch Storyboards können dabei helfen, ein gemeinsames Verständnis zwischen allen Beteiligten zu schaffen. Bei jeder Phase schätzen wir den zeitlichen Aufwand ab und wie viele Menschen wir dafür benötigen. Wenn wir dann ein Projekt umsetzen, gehen wir agil in sogenannten Sprints vor. Jeder dieser Sprints ist ein abgeschlossener Produktstatus, den man bereits verwenden könnte. Dadurch kann der Kunde frühzeitig sehen, in welche Richtung sich das Projekt entwickelt und weitere Ideen einbringen.

"Wenn ich eine Soft­ware entwi­ckele, brau­che ich gute Archi­tek­tur."

Die HEC ist ja eigentlich spezialisiert auf die Entwicklung individueller Software. Wie wirkt sich das auf die Umsetzung von AR/VR-Projekten aus?

Dadurch, dass wir in der Individualsoftwareentwicklung zu Hause sind, ist unser großer Vorteil, verschiedenste Themen kombinieren zu können: große Webanwendungen, Server, Datenbanken, Anbindungen an andere Systeme, Künstliche Intelligenzen. Aus dem Wissen, das wir in diesen Bereichen gesammelt haben, profitieren wir auch in der AR/VR-Welt.

Wenn ich eine Software entwickele, brauche ich dafür eine gute Architektur. Wenn ich als Laie eine Virtual Reality-Anwendung baue, achte ich erstmal nur darauf, dass das Ganze schön aussieht, alle 3D-Elemente gut ausgerichtet sind und es Softwaremodule gibt, die das ausführen können. Wir gestalten das Ganze nachhaltiger. Unsere Software kann man über Jahre hinweg verwenden und es können neue Funktionen hinzuprogrammiert werden. Diese Struktur macht vor allem dann Sinn, wenn man eine Software wieder und wieder anfassen möchte, etwa um sie mit neuen Schnittstellen zu verknüpfen oder an geänderte Umstände anzupassen.

Wie wird sich die Technologie in den nächsten Jahren entwickeln? Werden AR und VR „normal“?

Ich glaube, dass sie in einigen Branchen ganz starken Einfluss nehmen werden. In der Immobilienbranche ist es ein Instrument, das eine Visualisierung ermöglicht, die es vorher so noch nicht gab. Jeder, der das nicht nutzt, hat einen Nachteil gegenüber seinen Wettbewerbern. Auch in Designprozessen von Fahrzeugen wird es sich als Standardwerkzeug etablieren.

Also treibt die Digitalisierung den Wettbewerb voran wie in anderen Bereichen auch?

Ja. Wir sehen auch, dass die Brillen leichter, günstiger, angenehmer zu tragen werden und die Auflösung besser wird. Wie bei Smartphones ist zu erwarten, dass hier ein bestimmter Standard erreicht wird. Mit neuer, erschwinglicher Hardware kann das Thema dann auch den Consumer-Markt erobern. Das ging bei Smartphones ja auch ganz schnell, dass sie Teil des Alltags wurden. Ähnliches erwarte ich auch für die AR-Technologie. Eine kleine Meldung in der Brille lenkt weniger ab, als alle paar Minuten das Smartphone aus der Tasche zu holen.

Mehr zu Augmented und Virtual Realtity

Lucia Mendelova und Dennis Hoffmann sind 3D-Artists

Mensch und virtuelle Welt

HEC-Designer Lucia Mendelova und Dennis Hoffmann entwickeln AR- und VR-Lösungen.

Eine Hand hält ein Smartphone, auf dem Virtuelle Gegenstände auf dem Schreibtisch zu sehen sind

Welche Arten von Mixed Reality gibt es?

Mixed Reality, Virtual Reality, Augmen­ted Reality und so weiter. Und was bitte schön heißt das jetzt?

Unser Glos­sar rund um die erwei­terte Reali­tät klärt auf.

Büro innovativ

Jens Fislage ist Experte für räumliche Veränderungsprozesse.

Mit der neuartigen AR-App gibt er Impulse.

Oops, an error occurred! Code: 2024072617253074cc5f84 Event: db4f03763cbf42c7b093d3758da3a3c1