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Mehr als IT: Sechs Schritte zur Digitalisierung

29. Juli 2022 / Annekathrin Gut

Den einen rich­ti­gen Weg zur Digi­ta­li­sie­rung gibt es nicht. Jedes Unter­neh­men muss seinen eige­nen Weg finden – mit der Beto­nung auf „muss“. Denn andern­falls verlie­ren gerade mittel­stän­di­sche Unter­neh­men den Anschluss. Was eine Umfrage des DIHK und eine Studie vom Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0 zutage fördern, bestätigen unsere Kollegen mit den Erfahrungen aus ihrer täglichen Beratungspraxis bei Unternehmen. Wir haben einige Punkte zusammengestellt, warum es in Unternehmen bei der Digitalisierung hakt und was sie tun können, um dabei erfolgreich zu sein. Notwendig für sind für den Digitalisierungsprozess sechs Schritte und drei Dimensionen.

zwei Personen vor einer Glaswand

Markus Tholema, Digitalisierungsberater

Warum kommen Unter­neh­men bei der Digi­ta­li­sie­rung nicht voran?

"Aus meiner Sicht hat das mehrere Gründe. Im Mittel­stand geht es vielen Firmen einfach zu gut. Da ist zu wenig Platz für Inno­va­tion. Man ist nicht gezwun­gen, sich mit sich selber ausein­an­der­zu­set­zen und für die Zukunft aufzu­stel­len. Das wird die Firmen irgend­wann einho­len."

Was könn­ten sie tun, um dabei erfolg­reich zu sein?

"Erst einmal müssen die Firmen verste­hen, dass es „die Digi­ta­li­sie­rung“ nicht gibt. Das ist für jedes Unter­neh­men anders – auch wenn es natür­lich wieder­keh­rende Themen gibt. Und Digi­ta­li­sie­rung ist nicht „schnel­les Inter­net“.

Digi­ta­li­sie­rung ist das Sich-Aufstel­len für den sich immer rasan­ter entwi­ckeln­den Markt. Die Firmen müssen sich mit der Frage ausein­an­der­set­zen, wie sie mit der Markt­dy­na­mik umge­hen und welche Antwor­ten sie darauf finden können. Sie müssen heraus­fin­den, ob ihre Produkte passen, ob ihre Kunden die so brau­chen und ob die eige­nen Orga­ni­sa­ti­onss­truk­tu­ren so sind, das die Mita­r­bei­ten­den ihr Poten­tial einbrin­gen können. Erst dann kann ich mir Tech­nik und Prozesse anse­hen."

Ein Mann sitzt auf einem umgekippten Flugzeugservierwagen und lächelt

Dietmar Heijenga, Geschäftsführer Kurswechsel

Warum kommen Unter­neh­men bei der Digi­ta­li­sie­rung nicht voran?

"Viele Unter­neh­men sind zu lang­sam für den dyna­mi­schen Markt. Führungs­kräfte und Mita­r­bei­ter:innen sind oft über­las­tet, um Digi­ta­li­sie­rung voran­zu­trei­ben. An ein schnel­les Voran­kom­men ist nicht zu denken, denn das wird häufig durch verkrus­tete Struk­tu­ren und kompli­zierte Prozesse in den Unter­neh­men behin­dert. Mangelnde Inno­va­ti­ons­kraft ist bei vielen Unter­neh­men zu sehen. Und eine zu hohe Mita­r­bei­ter­f­luk­tua­tion führt dazu, dass Wissen abwan­dert."

Was könn­ten sie tun, um dabei erfolg­reich zu sein?

"Unter­neh­men soll­ten beweg­li­che und kunde­n­o­ri­en­tierte Prozesse verwirk­li­chen. Das gelingt, indem sie flexi­ble Orga­ni­sa­ti­ons­for­men ausge­stal­ten. Dazu müssen sie Rahmen­be­din­gun­gen schaf­fen, die eine Inno­va­ti­ons­kul­tur möglich machen. Voraus­set­zung ist dafür ein kolla­bo­ra­ti­ves Arbei­ten auf Augen­höhe."

Ein Mitarbeiter der HEC zeigt eine Präsentation.

Christian Seedig, Agiler Berater für Microsoft 365-Lösungen

Warum kommen Unter­neh­men bei der Digi­ta­li­sie­rung nicht voran?

"Viele Unter­neh­men haben nicht verstan­den, was Digi­ta­li­sie­rung bedeu­tet (Spoi­ler: Aus Papier mach PDF ist es nicht!). Digi­ta­li­sie­rung erfor­dert Verän­de­rung. Die Beleg­schaft vieler Unter­neh­men ist extrem wider­stands­fä­hig. Digi­tale Trans­for­ma­tion ist schmerz­haft und wird deshalb oft nur halb­her­zig gemacht.

Digi­ta­li­sie­rung erfor­dert Entschei­dun­gen. Die dauern, wenn über­haupt, häufig viel zu lange. Häufig trifft sie derje­nige, der in der Hier­a­r­chie oben ist, und nicht der, der aufgrund von Erfah­rung oder Infor­ma­ti­ons­s­tand dafür am besten geeig­net wäre. Gerade deut­sche Unter­neh­men sind extrem fehlera­vers. Dinge mit dem Risiko zu probie­ren, dass es auch mal nicht funk­tio­niert, ist oft nicht akzep­tiert. Die Rechts­lage ist ein Brems­klotz: Stich­wort DSGVO. Alle sind verun­si­chert und haben Angst vor Stra­fen. Die gab es zwar bislang kaum. Aber lieber wird gar nichts getan, als sich angreif­bar zu machen. Das schränkt Inno­va­tion ein.

Es muss für alles ein Return on Invest bere­chen­bar sein, sonst wird ein Vorha­ben nicht umge­setzt. Der ROI der Digi­ta­li­sie­rung ist oft nur schwer mess­bar. Oder weiß jemand, wie man den Wert von Unter­neh­mens­kul­tur misst?

Den meis­ten Unter­neh­men und deren Mita­r­bei­ten­den ist der eigene Wert­schöp­fungs­pro­zess gar nicht klar. Darum gibt es jede Menge Tätig­kei­ten, die nicht darauf einzah­len, und Infor­ma­ti­o­nen, die in Silos stecken blei­ben. Entschei­dun­gen sind oft nicht im Sinne des Unter­neh­mens, sondern der eige­nen Agenda geschul­det."

Was könn­ten sie tun, um dabei erfolg­reich zu sein?

"Die eigent­li­che Wert­schöp­fung muss trans­pa­rent sein. Jede Entschei­dung sollte ausschließ­lich darauf einzah­len. Das gilt auch für Maßnah­men der Digi­ta­li­sie­rung. Die Ziele und Prio­ri­tä­ten müssen klar sein: Wollen wir Kosten sparen? Oder inves­tie­ren wir, um mehr zu errei­chen?

Ein Tran­si­ti­ons­team aus moti­vier­ten Menschen sollte das Mandat haben, wich­tige Entschei­dun­gen selbst zu tref­fen und Invest­ments zu täti­gen. Es benö­tigt Leit­plan­ken, inner­halb derer es sich frei bewe­gen kann. Es hat Gren­zen, die geklärt sind und schnelle Entschei­dun­gen sicher­stel­len. 

Dane­ben braucht es eine Fehler­kul­tur, die wirk­lich akzep­tiert, dass man manch­mal Fehler machen muss, um erfolg­reich zu sein. Damit das funk­tio­nie­ren kann, müssen die Geschäfts­füh­rung und die Eigen­tü­mer hinter dem Vorha­ben stehen."

HEC Mitarbeiter Frank Düsterbeck sitzt im Gespräch in der Mediathek.

Frank Düsterbeck, Geschäftsführer Kurswechsel

Warum kommen Unter­neh­men bei der Digi­ta­li­sie­rung nicht voran?

"Viele Unter­neh­men rich­ten sich nur unge­nü­gend nach den Proble­men und Bedürf­nis­sen ihrer viel­fäl­ti­gen Stake­hol­der aus. Ausge­bremst wird Digi­ta­li­sie­rung auch durch mangelnde Inno­va­ti­ons­kul­tur und -orga­ni­sa­tion. Ein Inno­va­ti­ons­fun­nel ist oft gar nicht vorhan­den, also der Prozess, der vorhan­dene Inno­va­ti­ons­ideen selek­tiert, Produkt­hy­po­the­sen vali­diert und die notwen­di­gen Schritte zur Reali­sie­rung vorsieht.

Dazu kommt noch, dass im Port­fo­lio­ma­na­ge­ment nicht selten oft viel zu viele Vorha­ben gleich­zei­tig gest­ar­tet werden, statt klare, werto­ri­en­tierte Prio­ri­tä­ten zu setzen. Und dann werden Produkte nach star­ren (Plan-)Vorga­ben entwi­ckelt, statt das Mind­set und die Metho­den von Agilem Arbei­ten und Lean Star­t­Ups zu nutzen."

Was könn­ten sie tun, um dabei erfolg­reich zu sein?

"Erst­mal verste­hen, wie Inno­va­ti­o­nen entste­hen können, das bringt Unter­neh­men voran. Produkt­hy­po­the­sen, die keinen Anklang am Markt finden, soll­ten eher als gut gemeinte Irrtü­mer akzep­tiert werden und als Gele­gen­heit für Adap­ti­o­nen und Neuaus­rich­tung. Empfeh­lens­wert ist es z. B. einfach mal einen Design Sprint mitz­u­ma­chen und zu erle­ben, wie gemein­same, fokus­sierte Inno­va­ti­ons­a­r­beit passie­ren kann. Das gilt es dann konse­quent in Orga­ni­sa­ti­onss­truk­tu­ren sowie Prozes­sen und Prak­ti­ken zu veran­kern und so den Boden für eine Inno­va­ti­ons­kul­tur zu berei­ten."

Was tun?

Sechs Schritte zur digitalen Strategie…

Digi­ta­­li­­sie­rung bedeu­tet für jedes Unter­­neh­­men etwas ande­res. Für das eine heißt es, analoge Prozesse mit digi­ta­len Anwen­­dun­­gen effi­­zi­en­ter zu machen und damit rich­tig Geld zu sparen. Für das ande­re geht es darum, mit ganz neuen Tech­no­lo­­gien inno­va­tive Geschäfts­­­fel­­der zu erschlie­­ßen. Und Andere wollen einfach sicher­stel­len, dass Produkte auch morgen noch rele­vant für Kunden sind. Aus unse­rer Erfah­rung sind sechs Schritte erfor­der­lich, um zu einer digi­ta­len Stra­te­gie zu kommen:

Digitalisierungsberatung - in sechs Schritten zur Digitalen Agenda
  1. Ziele bestim­­men,
  2. Bestands­­auf­­nahme machen,
  3. Ideen und Maßnah­­men ablei­ten,
  4. Digi­­tale Agenda entwi­­ckeln,
  5. Risi­ken und Hemm­­nisse erken­­nen und
  6. Umset­­zung vorbe­rei­ten.

…und drei Dimensionen

Eine Stra­te­gie für die Digi­ta­li­sie­rung sollte drei Dimen­si­o­nen berück­sich­ti­gen, um wirk­sam werden zu können: Kundenerlebnis, operative Exzellenz, sowie Organisation und Kultur.

  1. Wie erle­­ben Ihre Kunden Ihre Produkte und Dienst­leis­tun­­gen?Unter­neh­men stehen im Wett­­be­werb mit ande­ren Anbie­tern und müssen den Nutzen ihrer Leis­tun­­gen eindeu­tig vermit­teln können. Und sie müssen schnell auf verän­­derte Kunden­­wün­­sche reagie­ren können.
  2. Wie digi­tal arbei­ten Sie? Können die Prozesse des Unter­neh­mens mit den digi­ta­len Anfor­­de­run­­gen Schritt halten? Ihre Arbeits­­­mit­tel müssen passen und rich­tig aufein­an­­der abge­­­stimmt sein. Oft lassen sich erhe­b­­li­che Kosten sparen, indem Kapa­­zi­tä­ten opti­ma­ler – also wert­­schöp­­fen­­der – genutzt werden.
  3. Leben Sie neue Ideen? Die „Hid­­den Cham­pi­­ons“, die Deut­sch­­land auf dem Welt­­markt so erfol­g­reich vertre­ten, leben oftmals eine ausge­prägte Inno­va­ti­­ons­­kul­tur. Unter­neh­men soll­ten sich also Fragen zu ihren Werten und ihrer Unter­neh­mens­kul­tur stel­len. Mögli­cher­­weise braucht es eine neue Form von Zusam­­me­n­a­r­­beit, die der Verän­­de­rungs­­dy­na­­mik der Digi­ta­­li­­sie­rung gewach­­sen ist. Oder die Mita­r­­bei­ten­­den benö­ti­­gen weitere Quali­­fi­­zie­rung für einen souve­rä­­nen Umgang mit digi­ta­len Anwen­­dun­­gen.

Förderprogramme nutzen

Viele Digi­ta­li­sie­rungs­vor­ha­ben lassen sich zumin­dest in der Start­phase durch eine öffent­li­che Förde­rung finan­zie­ren. Die HEC ist auto­ri­­sier­tes Bera­tungs­­un­ter­­neh­­men für die staat­li­chen Förder­pro­­gramme go-digi­tal und go-inno. Außer­dem unter­stüt­zen wir Unternehmen beim Programm Digi­tal Jetzt.

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Markus Tholema

Markus Tholema

Beratung Digitalisierung

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