Methoden und Wissen
Retrospektive remote per Videokonferenz
21. April 2020 / Sebastian Koers
Bringt euer Team auch per Videokonferenz zum Erfolg!
Gerade in Zeiten wie diesen gewinnt das Homeoffice immer mehr an Bedeutung und wird zum essenziellen Arbeitsort. Umso wichtiger ist, dass agil arbeitende Teams auch hier ihre Strategien beibehalten und sich regelmäßig selbst reflektieren. Das fördert die Produktivität. Im Folgenden werde ich euch kurz erläutern, was eine Retrospektive ist, welches ihre Vorzüge sind, und ob diese überhaupt per Videokonferenz oder ähnlichen Remote-Werkzeugen machbar ist.
Was ist denn nun eine Retrospektive?
Zunächst einmal ist eine Retrospektive - kurz „Retro“ genannt - ein Werkzeug aus den agilen Methodiken des Prozessrahmenwerkes Scrum. Hierfür kommen die Mitglieder eines Teams in der Regel am Ende eines Sprints (einer zirka zweiwöchigen Arbeitsperiode) zusammen und reflektieren ihre Zusammenarbeit und die Ergebnisse der vergangenen Wochen.
Es wird festgestellt: Was lief gut? Wo besteht noch Verbesserungsbedarf? Eine Retrospektive ist keine gemütliche Teerunde ohne Agenda. Nein, sie folgt einem fest definierten Raster, um klar strukturierte Ergebnisse zu sammeln. Hierzu übernimmt ein Scrum-Master die Aufgabe eines Moderators und führt durch die Retro.
Zu Beginn einer jeden Retro stellt der Scrum-Master die Agenda vor, die immer in folgende Phasen eingeteilt ist.
- Intro: Vorstellung der Agenda und Bekanntmachung der „Vegas-Regel“ (was erzählt wird, bleibt im Team) als oberste Direktive.
- Set the Stage: Strukturierter Small-Talk! Um das Team einzustimmen, werden einige Fragen an die Teilnehmer gestellt und die Antworten auf einem Flipchart gesammelt. Fragen können hier ganz einfach sein: „Wie geht es dir heute?“ Oder: „Wie schätzt du die Stimmung des Teams ein?“
- Gather Data: Eine Faktensammlung! Was ist in den vergangenen Tagen gut oder schlecht gelaufen? Zur Beantwortung dieser Fragen gibt es einige Varianten, wie das „Keep-Drop-Try“- oder „Mad-Sad-Glad“-Verfahren. Jedes Teammitglied schreibt seine Eindrücke auf Post-its und klebt diese an eine Wand.
- Generate Insights: Das Team sucht Themen aus der vorherigen Phase aus, die näher beleuchtet werden sollen.
- Decide what to do: Entwicklung von Handlungsoptionen, wie konkreten To-Dos oder Teamregeln zu den ausgewählten Themen. Diese werden auf einem Flipchart notiert.
- Closing: Ein abschließendes Feedback zu der Retrospektive. Es wird geklärt, wie realistisch die Umsetzung der besprochenen Maßnahmen ist.
Klingt so, als ob das Ganze nicht remote funktioniert, oder doch?
Wie im Raster einer Retrospektive deutlich zu erkennen ist, ist diese am einfachsten, wenn alle Teammitglieder sich zusammen in einem Raum befinden und Lösungen erarbeiten. Jedoch lassen Umstände, wie in der aktuellen Corona-Krise, es nicht zu, eine Retro vor Ort durchzuführen. Sie muss per Videokonferenz oder ähnlichem durchgeführt werden.
Wir haben festgestellt: Grundsätzlich funktioniert eine Retro remote, genauso wie ein Daily oder eine normale Konferenz. Damit diese aber auch ein Erfolg wird, kommt es hier besonders auf den Moderator an, der durch die Retro führt und die Teammitglieder zum disziplinierten Arbeiten anhält.
Aber nicht nur ein Moderator ist besonders wichtig. Auch ohne die richtigen Werkzeuge gelingt die Retro nicht! Zum einen wird ein Tool benötigt, mit dem die gesammelten Informationen strukturiert werden können. Zum anderen muss es auch die Möglichkeit bieten, dass jeder seine Eindrücke erfassen kann – Stichwort Post-Its. Aber auch ein passendes Videokonferenztool muss gefunden werden.
Sind alle Medien gefunden, geht es wieder zurück zum Moderator. Er oder sie muss dafür sorgen, dass jeder nacheinander seine Eindrücke einträgt und eine Übersicht entsteht, wer was eingetragen hat. Gelingt dies nicht, so kann er die Eindrücke nacheinander entgegennehmen und selbst eintragen.
Das wichtigste Gebot bei einer remote durchgeführten Retro ist, dass der Moderator die Teilnehmer explizit auffordert, sein Feedback oder seinen Eindruck zu geben. Andernfalls kann es passieren, dass alle durcheinander sprechen und nichts gelingt.
Mit diesen Tipps wünsche ich euch viel Glück bei eurer nächsten Retro – vielleicht remote!