Online-Workshop

Trends und Technologien

Raus aus der Komfortzone: Design Thinking Online

16. Juni 2020

Wie man einen Design Thinking-Workshop online durchführt

Mit allen Wassern gewaschen…

Seit 2012 praktiziere ich Design Thinking – mittlerweile weiß ich gar nicht mehr, wie viele Trainings, Workshops und Projekte wir bereits durchgeführt haben. Wir sind dabei unterschiedlichsten Spezies begegnet, die uns grundsätzlich neugierig, teilweise auch skeptisch und ganz selten auch feindselig begegnet sind. Wir haben Lebensräume bespielt, die für kreative Zusammenarbeit gemacht sind und solche, wo auch mangelndes Tageslicht und nicht vorhandene Frischluft die Teilnehmenden nicht daran gehindert haben, neue Ideen für Produkte, Services und Prozesse zu entwickeln. Mein Highlight in 2019 war ein Design Thinking Quick & Dirty Workshop XXL auf der Manage Agile: 250 Menschen waren am Start und haben 25 neue Ideen entwickelt, die die Veranstalter nun nach und nach umsetzen…

…aber genug ist einfach genug.

Mangelndes Anpassungsvermögen und Mutlosigkeit konnte man uns also bis dato nicht vorwerfen. 

Bis Corona uns heimsuchte und beschied, dass Social Distancing das Mittel der Wahl ist. „Wenn das so ist,“ war der Impuls meines inneren Feiglings, „dann verschieben wir unseren Workshop von April einfach dahin, wo – na ja, der Pfeffer wächst.“ „Moment mal! Erstmal möchte ich wissen, warum wir den Workshop nicht online durchführen, machen doch alle gerade!“, so die Nervensäge in mir. „Wir sind eine Softwarebude, und Du redest außerdem die ganze Zeit von Innovation, also, wenn WIR uns nicht trauen, wer dann?“ „Ich glaube, ich weiß was unseren Angsthasen hindert,“ unterbrach die Neugierde unseren beginnenden Disput. „Design Thinking lebt von der Interaktion zwischen Menschen, die die Köpfe zusammenstecken, diskutieren, sich zuhören, gemeinsam an einem Board Post-its hin- und herschieben und ihren Kunden tief in die Augen schauen, um deren Bedürfnisse zu erkunden. Kann es sein, kleiner Feigling, dass Du das Gefühl hast, dass wir diesen Ansprüchen in der virtuellen Welt nicht gerecht werden können?“  Der kleine Feigling legte die Stirn in Falten… „No worries!“, sagte der Mut, „zusammen rocken wir das!“

The Making of „Design Thinking Remote“

Am Anfang stand das Ausprobieren verschiedener Tools. Mit der Office 365 Anwendung ‚Teams‘ arbeiten wir sowieso schon, also war hier schnell klar, dass die Audio- und Videokommunikation und das Teilen von Dokumenten, wie z.B. der Design Thinking Präsentation, via MS Teams stattfinden würde. Das Tolle ist, dass wir über Outlook auch beliebig viele Leute zu Online Meetings einladen können, die selbst MS Teams nicht benutzen. Teamintern haben wir dann Mural, das Concept Board und Miro ausprobiert. Miro erschien uns für unsere Zwecke am passendsten – in der kostenlosen Version kann man bis zu drei Boards anlegen, zu denen man beliebig viele Leute einladen kann.

Von der analogen in die digitale Welt

Wir haben unsere analoge Design Thinking Workshop-Welt im Grunde eins zu eins für drei Teams auf ein Miro-Board übertragen. Die Konzeption und das Einrichten war sehr arbeitsintensiv und hat uns fast zwei ganze Tage gekostet, weil wir uns selbst auch erst einmal in das Tool einarbeiten mussten. Aber das Testen des Prototypen und das ausgesprochen positive Feedback durch die Teilnehmenden hat uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind!

Gute Zusammenarbeit funktioniert auch virtuell

Über MS Teams haben wir insgesamt vier Teamräume eingerichtet. Die Begrüßung und die Einführung in das Tool Miro sowie der theoretische Input zum Thema Design Thinking fand mit insgesamt 12 Teilnehmenden und uns Coaches im Teams-Plenum statt. Zum Arbeiten in den einzelnen Gruppen sind unsere Coaches Jette, Inga und Sophia mit jeweils vier Personen in ihre jeweiligen Teams-Räume umgezogen. Zwischendurch haben wir uns immer wieder im Plenum getroffen, so auch zur Abschlusspräsentation durch die einzelnen Teams. Ich selbst habe die meiste Zeit im Plenum verbracht, um bei technischen Schwierigkeiten zur Verfügung zu stehen – zwei unserer Teilnehmenden haben sich tatsächlich zwischen den einzelnen Teamräumen ‚verlaufen‘.

Ausschnitt auf dem Workshop "Design Thinking online"

Wir wollen den Workshop so vorbereiten, ...

... dass es alle Teilnehmenden möglichst leicht haben, daran teilzunehmen!

Wenn Ihr einen Design Thinking Workshop remote durchführen wollt, empfehlen wir euch im Vorfeld Folgendes:

  • Informiert die Teilnehmenden ca. eine Woche vor der Veranstaltung über die Wahl eurer Tools und was die Teilnehmenden tun müssen, um Zugang dazu zu erlangen. Bei Miro muss man sich mit E-Mail und Passwort anmelden. Als Browser empfehlen wir Google Chrome oder Firefox. 
  • Eine Audiofunktion ist unerlässlich, die Videofunktion schafft zumindest ein bisschen Nähe zwischen den Teilnehmenden, vor allem, wenn man in kleineren Teams arbeitet. Bittet die Teilnehmenden, möglichst ein Headset bereit zu halten. Das schützt vor Störungen von außen.
  • Wer die Möglichkeit hat, sollte auf zwei Bildschirmen arbeiten (ein Bildschirm für MS Teams, einen für Miro).
  • Ladet die Teilnehmenden ruhig schon im Vorfeld auf eure virtuelle Spielwiese ein, bittet sie aber, alles unangetastet zu lassen. (Es gibt auch eine Sperrfunktion, die das schlimmste verhindert.) 
  • Solltet Ihr Interviews durchführen wollen, bittet die Teilnehmenden gemäß eurer Agenda darum, ihre Interviewpartner zum entsprechenden Zeitpunkt einzuladen.
  • Notiert die E-Mail-Adressen und die Telefonnummern der Teilnehmenden, damit ihr sie im Falle des Falles kontaktieren könnt oder verloren gegangene Links zu MS Teams Räumen noch einmal zur Verfügung stellen könnt.
  • Und ganz wichtig: Bittet die Teilnehmenden darum, eure Informationen aufmerksam zu lesen.

Der Workshop-Knigge

Die virtuelle Kommunikation verläuft nicht immer reibungslos. Was im Zweifel hilft, ist folgendes:

  • Bei schlechter Verbindung sollte die Video-/Kamerafunktion deaktiviert werden.
  • Die Teilnehmenden, die keinen Redebeitrag leisten, sollten das Mikrofon in den Mute-Modus stellen.
  • Es hat sich bewährt, Fragen über die Chatfunktion zu stellen, dort kann man sie gut bündeln, und sie gehen so nicht verloren.
  • Bittet die Teilnehmenden auf Miro erst dann mit der Arbeit zu beginnen, wenn der Coach das Go gibt – es macht großen Spaß, auf dem Board zu arbeiten, aber wenn alle gleichzeitig ohne Zuhören loslaufen, gibt es ein heilloses Chaos – wir wissen, wovon wir sprechen!
  • Essentiell bei Design Thinking: Bittet die Teilnehmenden explizit darum, möglichst auch selbst auf die Timeboxen zu achten – schließlich wollen wir uns möglichst zeitgleich wieder im Plenum einfinden. (Wir Coaches haben uns übrigens während des Workshops via WhatsApp verständigt und uns informiert, wenn mehr Zeit benötigt wurde.)

Unsere wichtigsten Erkenntnisse

  • Wir haben den Design Thinking Workshop an zwei hintereinander liegenden Tagen in jeweils drei Stunden durchgeführt. Durch den wiederholten Wechsel zwischen MS Teams und Miro stellte sich bei uns nicht der bekannte ‚Ich-hänge-schon-den-ganzen-Tage-in-Remote-Meetings-rum‘-Durchhänger ein. Wir haben also beschlossen, den nächsten Workshop als Ganztagsformat durchzuführen.
  • Ich habe an den beiden Tagen im Plenum durch den Prozess geführt und dort an Tag 1 auch auf Hilfesuchende gelauert, was ich als sehr ermüdend empfand. Nach Rücksprache mit den Coaches habe ich dann an Tag 2 die einzelnen Teams abwechselnd als stille Zuhörerin besucht – das empfand ich wiederum als sehr erfrischend!
  • Was als Design Thinking Methodentraining gedacht war, wurde auch zum Tool-Training. Am ersten Tag wurde von den Teilnehmenden vor allem die Arbeit auf Miro gefeiert.

Und, kleiner Feigling, wie geht’s Dir jetzt so?

„Ach, Neugier, mach‘ hier mal nicht den Dicken! Ich war ja schon entspannt, als das Miro-Board eingerichtet war“ grinst der ehemalige kleine Feigling. „Was mich besonders freut, ist das Feedback unserer Teammitglieder, die sich mehrfach für die durchdachte Vorbereitung, Organisation und Moderation bedankt haben. Was mich natürlich besonders freut, ist, dass wirklich alle erstaunt waren, wie kreativ und wertschöpfend man auch in der virtuellen Welt miteinander arbeiten kann, obwohl man sich vorher nicht kannte. Design Thinking funktioniert auf jeden Fall auch digital!“

Mitmachen:

Und weil es so schön war: Das nächste Design Thinking Online Methodentraining findet am Donnerstag, 3. September, von 8.45 bis 17 Uhr statt. Melden Sie sich bis zum 1. September verbindlich an unter akademie@hec.de.