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Methoden und Wissen

Softwareauswahl: Worauf müssen IT-Verantwortliche achten?

23. Juli 2021 / Heiko Müller

Eine neue Software auszuwählen, ist kein alltägliches Geschäft. Schließlich soll die Lösung für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre optimal die Anforderungen des Unternehmens lösen. Das richtige IT-System kann für den Unternehmenserfolg entscheidend sein. Es sorgt dafür, dass das Geschäft schnell und reibungslos läuft – im Idealfall besser als das der Mitbewerber. Es lohnt sich also, diese Investition sorgfältig zu planen.

Relativ leicht fällt die Auswahl, wenn Standardprobleme gelöst werden sollen – zum Beispiel in der Finanzbuchhaltung oder Personalabrechnung. Deutlich mehr Fingerspitzengefühl brauchen IT-Verantwortliche, wenn es um die Kernprozesse ihres Unternehmens geht. Eine Lagerverwaltung, ein Transport Management System, ein Campingplatz-Buchungssystem: Sie wirken sich unmittelbar auf die Wertschöpfung und die Kundenzufriedenheit aus.

Diese Kernfragen sollte ein Software-Auswahlverfahren beantworten

IT-Verantwortliche stehen vielleicht zwei bis drei Mal in ihrem Berufsleben vor einer solchen Herausforderung. Bei einer hohen Investitionssumme müssen sie Fehler bei der Auswahl und Risiken bei der Implementierung vermeiden. Nur weil eine Softwaremarke einen guten Klang in der Branche hat, kann die nicht unbedingt das, was Ihr Unternehmen wirklich braucht. Und wenn alle damit arbeiten heißt das eben auch, dass Sie keinen technologischen Vorsprung haben.

Der Software-Auswahlprozess muss aus unserer Erfahrung und der Praxis vieler erfolgreicher Softwareauswahlberatungen diese wesentlichen Fragen klären:

  • Inwieweit passen die Prozesse des Unternehmens zu den in der Standardsoftware implementierten Funktionen?
  • Soll die neue Lösung optimal auf Ihre Prozesse abgestimmt sein oder wollen – und können – Sie sich eine Umgestaltung Ihrer Prozesse leisten?
  • Welche Lösung ist technischer Vorreiter am Markt und wurde bereits erfolgreich in der Branche eingesetzt?
  • Welche Software ist sowohl aus fachlicher Sicht als auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll?

Professionelle Auswahl sicherstellen

Eine neue IT einzuführen ist ein Projekt. Das erfordert freie Personalkapazität, Praxiserfahrung und Wissen um einen guten Auswahlprozess. Wichtig ist auch die Fähigkeit, sich schnell die entsprechende Kernprozesse des Unternehmens zu erschließen. Die mit der Auswahl beauftragen Berater sollten die in Frage kommenden Anbieter möglichst neutral betrachten können.

Die HEC selbst hat schon eine Vielzahl an Unternehmen aus Branchen wie Logistik, Industrie oder Touristik bei der Auswahl und Einführung geeigneter Standardsoftware beraten. Mit Erfahrung auf beiden Seiten des Schreibtisches: Als Dienstleister im IT-Projektgeschäft nehmen wir selbst an Ausschreibungen teil – kennen also die Anbieterseite. Als Berater für Unternehmen organisieren wir Ausschreibungen – kennen also die Nachfragerseite und wissen, worauf diese achten müssen.

Systematisches Vorgehen wichtig

In 3 Phasen zur Software

Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass der Softwareauswahl-Prozess systematisch mit einem gesteuerten und erprobten Verfahren angegangen werden muss. Wir haben deshalb ein Vorgehen entwickelt, das drei Phasen umfasst.

  1. Analyse der Anforderungen: Was soll Ihre neue Software ganz konkret leisten? Welches sind kritische Prozesse? Was funktioniert bei der bestehenden IT gut oder gar nicht? In einem Workshop mit allen beteiligten Stakeholdern (je nach Größe des Projektes auch mehreren) sammeln wir die Anforderungen, systematisieren sie und erstellen daraus einen strukturierten Anforderungskatalog als Grundlage für die nachfolgende Ausschreibung.
  2. Auswahl möglicher Anbieter: Auf der Basis eines Kriterienkataloges und einer Marktrecherche erstellen wir eine erste Liste in Frage kommender Anbieter. Mit diesen führen wir Vorgespräche und dampfen wenn notwendig die Liste weiter ein. Daraufhin erfolgt die Ausschreibung. Dafür erstellen wir die Ausschreibungsunterlagen und eine Bewertungsmatrix. Diese berücksichtigt neben funktionalen Anforderungen auch Kriterien wie Wirtschaftlichkeit, Zuverlässigkeit des Anbieters und Zukunftssicherheit der Lösung. Anhand der darauffolgenden Präsentation der Bieter bewerten wir die Angebote. Am Ende steht für unsere Kunden eine nachvollziehbare Entscheidungsempfehlung.
  3. Steuerung des Projektes: Parallel zum Auswahlprozess prüfen wir Kosten- und Terminpläne, überwachen das Budget und behalten die Projektqualität und die Meilensteine im Blick.

Auswahlkriterien erarbeiten

Sind die bestehenden Prozesse des Unternehmens geklärt, richten wir die Softwareauswahl darauf aus. Wir beleuchten vier Aspekte:

  1. Funktionen und Prozessunterstützung
    Gemeinsam mit dem Kunden legen wir fest, welche Funktionen das System haben soll (z.B. Verwaltung von Lagerbeständen, kurzfristige Kundenbelieferung, Position der Artikel in Hochregallagern, Kommissionierung ohne Belege, Abgleich von Disposition und Versand etc.). Außerdem klären wir u.a. die Notwendigkeit von Schnittstellen zu anderen Systemen, Ergonomie, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Performanz, rechtliche Aspekte und Wartungsfähigkeit.
  2. Wirtschaftlichkeit
    Welche Kosten fallen für Hardware und Software an? Wie hoch ist der einmalige Aufwand für die Implementation und Einführung, welche Folgekosten entstehen zum Beispiel für Schulung und Wartung? Diese Gesamtkosten bewerten wir nach einer angemessenen Methodik.
  3. Zuverlässigkeit des Anbieters
    Welche Erfahrung hat der Anbieter in der Branche und welche vergleichbaren Projekte hat er in den letzten drei Jahren realisiert? Aufschlussreich ist, ob der Anbieter positive Referenzen vorweisen kann und wie das Projektpersonal das Programm präsentiert. Aussagen über die betriebswirtschaftliche Stabilität bieten Hard Facts wie Umsatz, Ergebnis und Personalentwicklung sowie die Unbedenklichkeitserklärungen von Hausbank und Finanzamt.Zukunftssicherheit
  4. Zukunfts­si­cher­heit
    Aussagen darüber können anhand der Kundenbasis der Software und ihrer Verbreitung in ihrer Branche abgeleitet werden. Die technologische Basis, aktuelle Entwicklungstechnologien, vorhandene und offene Schnittstellen sowie die Unterstützung durch Drittanbieter geben Auskunft über die Zukunftsfähigkeit. Beachten sollten Sie auch, ob Dienstleister für Wartung und Erweiterung des Systems verfügbar sind.

Anbieterauswahl in 5 Schritten

Aus diesen Informationen erzeugen wir ein gewichtetes Raster, mit dem wir Alternativen konkret bewerten können. Bei der Entscheidung für eine Software kommen oft zum Beispiel mehrere Anbieter für die Umsetzung in Frage. Wir entwickeln Szenarien aus der Kombination von Softwareprodukten und Anbietern.

In fünf Schritten verdichten wir die Möglichkeiten:

1. Long-List: Erstellung einer Übersicht der am Markt verfügbaren Softwarepakete.

2. Short-List: Mit Hilfe von KO-Kriterien und Rücksprachen mit Anbietern werden diejenigen Lösungen aussortiert, die nicht in Frage kommen.

3. Angebotsanfrage: Wir bitten die Anbieter der interessanten Softwarepakete um ein Angebot.

4. Bewertung: Die Unternehmen präsentieren ihr Angebot und wir bewerten nach definierten Kriterien und Kosten.

Pilot: Gegebenenfalls koordinieren wir eine Pilot-Anwendung, um wesentliche Punkte, kritische Prozess und die Machbarkeit generell zu testen.

Projektsteuerung

Softwareauswahlprozesse erfordern eine kontinuierliche und methodische Projektsteuerung. Sei es beim unternehmensinternen Prozess oder über einen qualifizierten Dienstleister: Die Projektbeauftragten müssen Terminpläne vereinbaren und laufend prüfen. Sie müssen die Qualitätssicherung begleiten, das Budget überwachen und sicherstellen, dass die Meilensteine im Projekt eingehalten werden. Daneben bleiben sie mit dem Auftraggeber und Dienstleistern im Austausch.

Kreativ werden

Zwischen Standard und individueller Lösung

In manchen Softwareauswahl-Prozessen hat sich herausgestellt, dass keine verfügbare Lösung den Kriterien von fachlicher Funktionalität oder Wirtschaftlichkeit genügt. In diesen Fällen konnten wir schon mit angepassten Standardlösungen oder geeigneten Softwareplattformen weiterhelfen. Für einen Logistiker haben wir zum Beispiel mit der flexiblen Plattform Lobster eine Lösung für die Prozessunterstützung sowie die Datenintegration konzipiert.

Wenn Standard nicht reicht und eine individuelle Programmierung zu umfangreich ist, gibt es oft weitere Möglichkeiten, um mit alternativen Lösungen zum Ziel zu kommen. Das erfordert Kreativität, Erfahrung und nicht zuletzt Mut zur Digitalisierung!

 
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Heiko Müller

Heiko Müller

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