
Methoden und Wissen
Harry Potter und die Kunst des Promptens: Ein Tipp für die Arbeit mit KI
20. Oktober 2025 / Sven Sieverding
Bevor ich mit euch über IT-Themen rede, möchte ich erstmal über Fantasy sprechen. Genauer gesagt über Magie in Fantasy-Geschichten. Ich finde zum Beispiel "Harry Potter" unglaublich unrealistisch. Und zwar nicht, weil es da Zauberer, magische Tierwesen oder sonst was gibt. Sondern weil ich den Mechanismus, wie Magie in der Romanreihe dargestellt wird, für unrealistisch und zu kurz gedacht halte.

Die Magie von Harry Potter
Wenn Harry Potter seinen Zauberstab schwingt und "Accio" ruft, dann fliegt genau der Gegenstand auf ihn zu, von dem er will, dass er in seine Hand fliegt. Dann frage ich mich: Woher weiß das denn der Zauberspruch? Oder kann der Zauberspruch etwa seine Gedanken lesen? Aber wenn es das kann, warum muss Harry Potter dann noch extra "Accio" sagen?
Neulich habe ich mich mit jemanden unterhalten und in Richtung einer dritten Person gezeigt. Dann haben sich gleich zwei weitere Personen mit umgedreht, die im groben in der Richtung standen und sich angesprochen fühlten.
Müsste das bei "Accio" nicht ähnlich sein? Harry Potter zeigt auf ein Buch auf einem Tisch. Warum fliegt das Buch auf ihn zu und nicht der Tisch? Warum nicht etwas hinter dem Tisch? Wie spezifiziert Harry Potter das?
Um das meiner Meinung nach etwas realistischer zu machen, müsste Harry Potter sagen: "Accio: Das rote Buch dahinten auf dem kleinen Tisch. Flieg zu mir direkt in meine Hand. Und nur mit so viel Kraft und Geschwindigkeit, dass ich das auch fangen kann".
Und ja, mir ist klar, dass das nur eine Geschichte ist und dass das aus Gründen der Dramatik in einem Buch oder Film so sein darf. Der Hauptcharakter kann nicht minutenlang irgendwelche Zaubersprüche aufsagen. Aber ich meine ja nur, aus Gründen der Logik müsste man dem Zauberspruch mehr Kontext mitgeben.
Prompts und der entscheidende Kontext
Um Kontext geht es auch im zweiten Teil dieses Artikels. Dieselben Argumente wie bei den Zaubersprüchen gelten nämlich auch bei KI-Prompts.
Wenn ich eine KI frage: "Gib mir die wichtigsten Informationen aus dem Dokument", woher soll die KI wissen, was genau mir an dem Dokument wichtig ist? Die KI kann und wird nun einfach raten, was einer durchschnittlichen Person in diesem Dokument wichtig sein könnte. Das kann für mich passen... Mir könnte aber auch etwas anderes wichtig sein und das liefert mir die KI dann nicht.... Und mein Frust wird groß.
Das ist das "Accio" der KI-Prompts: Es klingt einfach und dramatisch. Aus diesen Gründen liest man mittlerweile recht häufig, dass jeder sofort mit einer KI arbeiten kann, da man ja mit ihr mit natürlicher Sprache kommuniziert. Das ist zwar an sich richtig, aber der Fokus sollte eher auf dem Wort “Kommunikation” liegen als auf “natürliche Sprache”. Sonst ist es realistisch betrachtet unwahrscheinlich, dass eine KI mir vernünftige Ergebnisse zu meinem Anwendungsfall liefert.
Die KI braucht genaue Anweisungen
Gebe ich aber der KI die Information mit, was mir wichtig ist und warum ich das brauche, dann bekomme ich viel bessere Ergebnisse.
Ich könnte den Prompt also auch so formulieren:
"Ich versuche gerade auszuwerten, wie die Kosten sich über das Projekt XYZ verteilen. Ich brauche das, um unserem Finanzvorstand die Frage zu beantworten, warum das Projekt überzogen wurde. Analysiere das angefügte Dokument und zeige mir auf, welche Faktoren zu erhöhten Kosten geführt haben. Unter Kosten versehe ich sowohl die Kosten in Euro als auch Kosten in Bezug auf die Zeit, die interne Mitarbeitende auf das Projekt verwendet haben. Stelle mir die Ergebnisse in einer Tabelle zusammen. Nimm an, dass eine Stunde Arbeitszeit eines internen Mitarbeitenden XX Euro beträgt und rechne mir deren Kosten damit hoch, falls du nur Zeitangaben findest."
In dem Prompt gebe ich der KI einen viel genaueren Kontext mit:
- Warum stelle ich der KI diese Anfrage?
- Wozu brauche ich deine Antwort?
- Was soll die KI analysieren?
- Wie genau definiere ich für mich, was "Kosten" bedeuten? Bezieht sich das nur auf externe Kosten? Oder sind auch Kosten für interne Mitarbeitende gemeint?
- Wie und in welchem Format soll die KI mir die Ergebnisse ausgeben?
Die Auswertung der KI wird nun wesentlich besser und präziser sein. Das geht aber natürlich abhängig von dem, was ich will, noch viel präziser. Ich könnte zum Beispiel die auszugebende Tabelle noch genauer beschreiben, um festzulegen, welche Spalten ich haben möchte. Oder ich spezifiziere genauer, welche Kosten mich genau interessieren... Oder, oder, oder...
Und das heißt?
Was ihr aus diesem Beispiel mit der Magie und KI mitnehmen solltet, ist folgendes: Ein Prompt ist kein Zauberspruch mit nur zwei Wörtern. Wenn ich gute Ergebnisse haben möchte, dann muss ich genau spezifizieren, was ich haben will. Nur dann machen KI (und Magie) für mich Sinn.
Und das muss man lernen. Dies ist nämlich kein Problem mit natürlicher Sprache oder einer Programmiersprache, sondern die Kunst der richtigen Kommunikation zwischen zwei "Personen".
Unser Experte

Sven Sieverding
Microsoft 365- und KI-Beratung0421 20750 0 E-Mail senden
Sven ist SharePoint-Entwickler und -Berater bei der HEC. Er hat mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Lösungen für Zusammenarbeit und moderne Arbeitsumgebungen mit Microsoft-Tools.
Sein Lieblingszitat ist: "Wenn man nur einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus." (Abraham Maslow) Warum? Weil unsere Welt komplex ist. Ein einziges Tool oder eine eingeschränkte Perspektive helfen bei komplexen Problemen nicht weiter. Deshalb denkt Sven, dass lebenslanges Lernen, das Ausprobieren neuer Technologien, wie die Möglichkeiten von KI, und der Austausch darüber extrem wichtig sind.