Methoden und Wissen
"KI ist kein Monster!" Künstlichen Intelligenz für Einsteiger:innen
21. Oktober 2022 / Annekathrin Gut
Katze oder Karamell-Eis? Ein Mensch kann auf Fotos das rotgetigerte Tier leicht vom Lebensmittel unterscheiden. Eine künstliche Intelligenz (KI) braucht für diese Bilderkennung zuerst ein intensives Training. Wobei – genaugenommen geht es weniger um KI und mehr um maschinelles Lernen. Jedenfalls dreht es sich nicht um die Art von KI, an die die meisten Menschen zunächst denken: an selbstständig lernende neuronale Netze.
Wer jetzt eine Reihe von Fragezeichen im Kopf hat, dem geht es nicht anders als den Teilnehmenden des Seminars „Grundlagen der künstlichen Intelligenz“, das das IT-Bildungshaus der HEC und das Bremer KI-Transfer-Zentrum im Februar organisierten. Trainer:innen aus Wissenschaft und Praxis halfen beim Einstieg in die komplexe Materie: Christin Poloczek (Das IT-Bildungshaus), Dr. Vanessa Just (team neusta), Dr. Nicole Höher und Inis Ehrlich (Bremer KI-Transfer-Zentrum) sowie Dr. Denis Pijetlovic (Universität Bremen).
KI-Periodensystem: Wieviel KI darf‘s denn sein?
Künstliche Intelligenz gilt als Treiber für zukunftsweisende Geschäftsmodelle und als nächster Schritt in der Digitalisierungsstrategie. Die Entscheidungsverantwortlichen in Unternehmen müssen bestimmen, zu welchem Zweck sie in welche KI investieren wollen. Allerdings: Die Wenigsten sind Kenner dieser komplexen Wissenschaft. Erschwerend kommt hinzu: Eine eindeutige und operationalisierbare Definition von KI gibt es nicht.
Als praktisches Instrument und Entscheidungshilfe stellt Dozent Denis Pijetlovic das „Periodensystem der KI“ von Kristian Hammond vor. Wie beim Vorbild aus der Chemie sind 28 Elemente mit unterschiedlichen Teilfunktionen und bestimmter Komplexität von KI sowie ihre Kombinierbarkeit übersichtlich dargestellt: von Sprach-, Audio-, Gesichts- und Bilderkennung über Datenanalysen und Vorhersagen bis hin zu Problemlösung, Sprachgenerierung und autonomer Steuerung.
Daten, Daten, und nochmals Daten: Training für die Maschine
Damit ein System Aktionen ausführen kann, muss es mit Informationen gefüttert werden, genaugenommen mit Daten – sehr vielen Daten! Zum Beispiel mit unzähligen Fotos von rotgetigerten Katzen und Eiscreme, die aus verschiedenen Blickwinkeln und zu unterschiedlichsten Tageszeiten aufgenommen sind.
Die Informatikerin Christin Poloczek gibt hierzu einen Einblick in das maschinelle Lernen. Zu Beginn wird ein Trainingsziel definiert: beispielsweise Katzen und Eiscreme unterscheiden. Die Daten – Bilder, Sprache, Zahlen, Geräusche oder ähnliches – werden, sehr grob gesagt, an einen Algorithmus übergeben. „Und dann passiert magic“, sagt Christin Poloczeck.
Wie in einer Black Box lernt ein Algorithmus durch Erkennen, Ausprobieren, Anpassen und Optimieren das Trainingsziel zu erreichen. Je nach Aufgabe helfen unterschiedliche Lernstile: überwachtes, unüberwachtes und bestärkendes Lernen. Das selbstständige Lernen, das neuronale Netze nutzt – das Deep Learning – ist ein weiterer Teilbereich des maschinellen Lernens.
Risiken und Nebenwirkungen: Arbeitswelt, Ethik und KI
Nicht immer wissen wir exakt, wie der Algorithmus zu seinen Ergebnissen kommt. „Wie weit vertraut man da der KI“, fragt Christin Poloczek. Sie hält es für sinnvoll, zu einem KI-gestützten Vorschlagswesen zu kommen. Wenn die KI beispielsweise mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Handlung empfiehlt, sollte der Mensch nach dem Vier-Augen-Prinzip diesen Vorschlag im Einzelfall bewerten.
Mangelnde Transparenz des Algorithmus ist ein Risiko beim Einsatz von KI. Was passiert mit all den Daten – besonders mit personenbezogenen? Ein ethisch verantwortungsvoller, sensibler Umgang mit Daten ist wichtig, um Personen nicht zu benachteiligen oder zu schädigen. Sicherheitslücken im System sind eine weitere mögliche Gefahr.
Einige Seminar-Teilnehmenden überlegen, wie sehr KI künftig unsere Arbeitsweise bestimmen wird. Nicole Höher vom KITZ stellt klar: „Soziale und kreative Intelligenz kann KI noch nicht übernehmen.“ Das entscheidende Kriterium in der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine sei es, die sinnvolle Autonomiestufe zu finden. Soll die KI nur bei ausgewählten Funktionen assistieren? Oder soll das System sogar gänzlich ohne den Menschen funktionieren?
Und nun mit Strategie bitte
Wie können wir nun die KI in unser Unternehmen bringen? Beispiele für die praktische Anwendung von KI gibt es schon jetzt reichlich. Die Teilnehmenden entwickelten im Seminar Einsatzszenarien für unterschiedliche Bereiche und Branchen – von Logistik über Human Resources bis hin zum Marketing.
Klar wurde dabei: Nicht für jede Herausforderung ist KI die richtige Lösung. Was digitale Akteure mittels KI erfolgreich macht, erläuterte Vanessa Just. Sie nannte Kundenzentrierung als zentralen Ausgangspunkt und Daten als Schlüssel einer jeden KI-Strategie: „Analysieren Sie Ihre Daten, um Ihre Kunden zu verstehen, Marktveränderungen wahrzunehmen und schneller innovativ zu sein als andere.“ Mit diesem Wissen könne mit einem konzeptionellen, unternehmerischen oder mit einem datengetriebenen Ansatz aus Daten geschäftlicher Nutzen gezogen werden.
Ein Ergebnis, das wohl alle am Ende mitnehmen: „Der Change ist da und muss jetzt durchgängig gestaltet werden“, formulierte ein Teilnehmer. „Wenn man nicht morgen in Rente geht, sollte man nicht warten. Man sollte Risiken und Chancen bewerten – aber es ist alternativlos.“ Oder, wie es eine andere Teilnehmerin formulierte: „KI ist kein Monster, sondern bietet viele neue Möglichkeiten.“
Seminare
Grundlagen der künstlichen Intelligenz
Weitere Grundlagen- und Vertiefungsseminare zum Thema künstliche Intelligenz bietet das IT-Bildungshaus der HEC gemeinsam mit dem Bremer Transferzentrum für Künstliche Intelligenz an. Mehr Informationen über die KI-Weiterbildungsreihe gibt es hier.
Der nächste Termin:
- 21.11.2022: Einführung in die KI, 9 bis 17 Uhr