Methoden und Wissen

Der Agile Methodenkoffer

07. Januar 2020 / Annekathrin Gut

Workshops - Mit Emojis lassen sich Stimmungen abfragen

Techniken für Scrum Teams und Workshops

„Ich packe meinen Koffer und…“ Unsere Kolle­­gen Chris­tian Seedig und Jette Winkel­­mann haben aus ihrer Metho­­den­­sam­m­­lung für Scrum Teams und Work­­shops einige Tech­­ni­ken mitge­­bracht, die noch nicht jeder kennt. In dem Work­­shop „Der agile Metho­­den­­kof­­fer“ wollen wir, eine bunte Runde aus Scrum Mastern, IT-Spezi­a­­lis­tin­­nen und Kommu­­ni­­ka­ti­­ons­ex­­per­ten, nun einige auspro­­bie­ren.

Es ist doch so: Jeder erfah­rene Scrum-Master oder jede Work­­shoplei­te­rin braucht immer mal neue Metho­­den, die Teams ideen­­rei­cher und koope­ra­ti­­ver machen. Denn wo immer Menschen zusam­­men etwas entwi­­ckeln wollen oder wo Krea­ti­vi­tät gefragt ist, müssen Gedan­ken in Bewe­­gung gebracht und gute gemein­­same Erge­b­­nisse geför­­dert werden.

Jette und Chris­tian öffnen ihre prall gefüll­ten Werk­­zeug­­käs­ten. Darin befin­­den sich nicht nur Post-its und Marker, sondern auch Lego­­steine, Spiel­­zeu­g­au­tos, Fidget Spin­­ner, Jojos, Emoji-Sticker, Spiel­­ka­r­ten und eini­­ges mehr. Man kann prak­tisch alles zu einem nütz­­li­chen Hilfs­­­mit­tel für den Work­­shop umfunk­tio­­nie­ren. Wir bege­­ben uns damit auf die Meta-Ebene und finden heraus, welche Methode für welchen Zweck sinn­voll ist.

Hier sind unsere High­­lights:

1. In den Workshop reinkommen

„Hallo ich bin… und ich arbeite als…“ Gähn! Wer keine lang­wei­li­gen Vorstel­lungs­run­den mehr möchte, kann diese Metho­den auspro­bie­ren:

Namens-Spinnennetz zum Kennenlernen
  • Namens­kreuz­wort: Eine Vari­a­nte, um sich vorzu­stel­len, ist das Namens­kreuz­wort. Mein Name liest sich am Flip­chart so: A – SofA (dort lese ich gerne), N – uNge­dul­dig (das bin ich); N – BremeN (da komme ich her); E – Nord­sEe (da fahre ich immer gerne hin).
  • Mons­ter-Karten: „Ich fühle mich heute so groß, grün und mäch­tig – deshalb die Krone!“ Chris­tian hat seine Mons­ter-Spiel­kar­ten mitge­bracht und jeder wählt die aus, die am besten zu ihm passt. Spiel­kar­ten zweck­ent­frem­den ist auch eine Methode, um den Start in den Work­shop aufzu­lo­ckern.
  • Namens-Spin­nen­netz: Was haben Ineke und ich gemein­sam? „Spaß am Tanzen!“ Und schon haben wir ein Gesprächs­thema. Wir schrei­ben an der Wand die Namen aller Teil­neh­mer in einen Kreis und ziehen bunte Linien zu dem, was uns verbin­det.

2. Kommunikation im Team verbessern

Wenn Kolle­gin­nen und Kolle­gen eng zusam­me­n­a­r­bei­ten müssen, pral­len manch­mal Arbeits­wei­sen und Einstel­lun­gen aufein­an­der. Da ist es gut, sie vorab für die Tücken der Kommu­ni­ka­tion zu sensi­bi­li­sie­ren.

Post-its mit Twitter-Texten für den Workshop
  • Gefühlss­piel: Wir kommu­ni­zie­ren mit allem was wir haben, nicht nur mit Worten. Ein paar von uns werden in dieser Übung vor die Tür geschickt, während sich die ande­ren drin­nen Gesichts­aus­drü­cke über­le­gen, die zu „wütend“, „fröh­lich“, „über­rascht“ und ähnli­chem passen. Die dürfen wir nun raten. Und das ist gar nicht so einfach, denn ein Blick kann durch­aus unter­schied­lich inter­pre­tiert werden.
  • Wie ein Team kommu­ni­ziert und dabei Spaß hat? Das lässt sich mit einem Hula-Hoop-Reifen oder Besenstiel üben, den die Gruppe gemeinsam auf den Boden legen muss. Aber was ist das? Scheinbar automatisch hebt sich das Teil immer wieder in die Höhe! Ein Fall von Überkommunikation. Ohne Worte arbeiten wir konzentrierter zusammen und der Reifen geht endlich zu Boden.
  • Satz vervoll­stän­di­gen: „Wenn der Wasser­hahn geöff­net wird, dann läufts nach unten...“ Jeder in der Runde hängt nach­ein­an­der ein Wort an. Logisch ist das Ergeb­nis nicht unbe­dingt. Aber wir lernen: Gemein­sam erschaf­fen wir Neues. Alleine wäre das Ergeb­nis vorher­seh­bar.

3. Konflikte managen

Was ist, wenn der Konflikt droht, größer zu werden? Wenn man sich viel zu sehr mit seinem eige­nen Ärger beschäf­tigt, statt auch mal die Perspek­tive des ande­ren einzu­neh­men? Da entsteht schnell die Haltung, der andere solle sich ändern – und man selber weiß auch genau wie! Das hilft selten weiter. Aber das hier schon:

Workshop Agiler Methodenkoffer mit Christian Seedig und Jette Winkelmann
  • Bedie­nungs­an­lei­tung für Kolle­gen: Wenn Zwei neu und eng mitein­an­der arbei­ten sollen, brau­chen sie Themen, die sie verbin­den. Dazu können die neuen Kolle­gin­nen vorab klären: Was mag ich privat oder beruf­lich? Welche Werte sind mir wich­tig? Was sollte man mit mir lieber nicht machen, weil das den Alarm­knopf auslöst? Am Ende steht eine Art Bedie­nungs­an­lei­tung, die beschreibt, wie wir zusam­me­n­a­r­bei­ten wollen, wie wir kommu­ni­zie­ren und was uns beiden wich­tig ist.
  • Gewalt­freie Kommu­ni­ka­tion: Ein Teil­neh­mer verlässt den Raum und Work­shoplei­ter Chris­tian ist unsi­cher: „Ist ihm lang­wei­lig? Oder muss er ein wich­ti­ges Tele­fonat führen?“ Klar­heit kann eine Tech­nik von Marshall B. Rosen­berg schaf­fen. „Ich habe A wahr­ge­nom­men.“, „Das löst bei mir das Gefühl B aus, weil ich das Bedürf­nis nach C habe.“ „Darum möchte ich für die Zukunft D mit dir verein­ba­ren.“ Mit dieser Formel lassen sich Konflikte sach­lich und mit Rück­sicht auf eigene und fremde Bedürf­nisse aufklä­ren.
  • Libe­ra­ting Struc­tu­res „1-2-4-Alle“: Libe­ra­ting Struc­tu­res sind Metho­den, die Perso­nen in größe­ren und klei­ne­ren Grup­pen einbe­zie­hen und das kollek­tive Ideen-Poten­zial anzap­fen. In dieser Vari­a­nte beschäf­ti­gen wir uns erst im Gespräch zu zweit, dann zu viert und schließ­lich in der ganzen Gruppe mit einem Problem aus unse­rem Berufs­all­tag. In der Vierer-Runde über­nimmt meine Diskus­si­ons­part­ne­rin die Vorstel­lung meines Problems. Auf diese Weise werden Sicht­wei­sen deut­lich, auf die ich allein gar nicht gekom­men wäre.

4. Nach dem Suppenkoma: Aktivierung und Teambuilding

In der Mittags­pause haben wir asia­tisch geges­sen und uns gut unter­hal­ten. Und jetzt wieder zurück zum Work­shop? Och, nö! Ein paar Metho­den, um wieder in Schwung zu kommen und das Team­buil­ding zu verbes­sern.

Spiele bringen Bewegung ins Team
  • Lucky Lachs (Achtung – Produkt­wer­bung ;-)) entwi­ckelt sich zum Favo­rit des Kurses! Jeder Teil­neh­mer bekommt einige Akti­ons­kar­ten. High-5-Abklat­schen, Checker-Faust, Tausch-Rausch oder Lucky Lachs: Ganz schnell sucht man sich die Mitspie­ler mit der glei­chen Aktion und danach geht es mit der nächs­ten Karte weiter.
  • Die Sonne strahlt in unse­ren Raum. Statt Karten zu spie­len können wir auch drau­ßen eine Runde um den Block drehen. „Walk n Talk“ heißt das ganz workshopmäßig. Das Reden im Gehen lockert die Gedanken.
  • Beim Geschick­lich­keitss­piel werden unsere Konzen­tra­tion und Geduld geweckt. Wie stapelt man sech­zehn große Nägel auf der Spitze eines Holz­stabs? Mit einem Trick, auf den einer von uns irgend­wann kommt!
  • Beim nächs­ten Geschick­lich­keitss­piel sollen wir aus Holz­stä­ben eine tragfähige Brücke bauen. Das klappt beim besten Willen nicht und wir fühlen uns reichlich demotiviert. Das führt zum Lerneffekt: Wenn wir einen Workshop mit einem Team moderieren, das wir noch nicht so gut kennen, sollten wir lieber simple oder lustige Spiele wählen. Für Workshopleiterinnen heißt das, vorab zu prüfen: Ist die Methode angemessen? Und ungewohnte Methoden richtig einführen: „Ich möchte heute mit euch mal etwas Neues ausprobieren.“

5. Kreativität in Gang setzen

Wir planen ein Sommer­fest, und das soll viel besser werden als das im letz­ten Jahr. Wie wir das hinbe­kom­men? Mit Metho­den, die über Brain­stor­ming hinaus­ge­hen.

Christian Seedig erläutert Methoden für agile Workshops
  • Bei der Sechs Hüte Methode geht es darum, alle denk­ba­ren Perspek­ti­ven einzu­neh­men – gerade auch die, die einem über­haupt nicht liegen. Die Froh­na­tur des Teams nimmt die Rolle des Ober­kri­ti­kers ein und mäkelt an allen mögli­chen Punk­ten der letzt­jäh­ri­gen Veran­stal­tung herum. Die eher nüch­terne Analy­ti­ke­rin spielt die Rolle der Super-Opti­mis­tin. Dane­ben gibt es noch den Krea­ti­ven und den mit dem ordnen­den Blick fürs große Ganze.
  • Noch eine Methode aus den Libe­ra­ting Struc­tu­res: „25/10“ sorgt in einer großen Gruppe schnell für viele Ideen. Jeder von uns schreibt eine kühne Idee für das Sommer­fest auf eine Kartei­karte. Dann laufen wir durch­ein­an­der und tauschen die Karten. Eine Glocke läutet und wir unter­hal­ten uns zu zweit über die Karten in unse­rer Hand. Jeder bewer­tet die Idee mit Punk­ten von 1 bis 5. So geht das über 5 Runden. Am Ende haben die „Ral­ley durchs Haus mit verschie­de­nen Akti­ons­s­ta­ti­o­nen“, „ein klei­nes Boot für jede Abtei­lung“ und ein „Sport­fest inklu­sive Kunden“ insge­samt die meis­ten Punkte bekom­men.
  • So ähnlich wie „Stadt-Land-Fluss“ funk­tio­niert die ABC-Methode. Das kreative Alphabet sorgt für Feedback in frühen Innovationsphasen. Alle Teilnehmer ergänzen auf einem Blatt, auf dem vertikal die Buchstaben des Alphabets stehen, Anmerkungen zu bereits gefundenen Ideen. Diese werden dann den anderen Teilnehmern vorgestellt und diskutiert.

Eine Methode allein macht natürlich noch keinen Workshop erfolgreich

Bestimmte Anfor­de­run­gen zu berück­sich­ti­gen oder die Team­dy­na­mik zu mana­gen gehört auch dazu.

Oder wie Chris­tian meint: „A fool with a tool is still a fool. Wie wahr!

Die vorge­stell­ten Metho­den sind nur ein paar von vielen mögli­chen. Wer sich für mehr inter­es­siert, findet hier weitere Anre­gun­gen:

  • Das IT-Bildungs­haus der HEC orga­ni­siert regel­mä­ßig Workshops zu agilen Methoden.
  • Lite­ra­tur: Tom Roden und Ben Willi­ams: Fifty Quick Ideas To Improve Your Retro­spec­ti­ves
  • Online: Retro­mat: Samm­lung von Tools und Metho­den für Retro­spek­ti­ven - https://plans-for-retrospectives.com 
  • Metho­den­samm­lung: Libe­ra­ting struc­tu­res: Metho­den­samm­lung zur Arbeit mit Teams, die es prak­ti­scher­weise auch als App (LISA) gibt -  https://www.liberatingstructures.de

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Christian Seedig

Christian Seedig

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