Mehrere Bücher liegen aufgeschlagen nebeneinander

Methoden und Wissen

Muster für kompakte Business Storys

17. November 2021 / Annekathrin Gut

Eine Busi­ness Story sollte inner­halb von maxi­mal drei Mona­ten Entwick­lungs­zeit umge­setzt werden können. Denn in der agilen Soft­wa­re­ent­wick­lung wollen wir früh­zei­tig heraus­fin­den, ob und wie unser Produkt auf Inter­esse trifft, um nicht unnö­tig Geld und Zeit zu vergeu­den. Unsere anfäng­li­che, große Vision müssen wir deshalb häufig auf ein kompak­teres Vorge­hen redu­zie­ren. Wir schnei­den dazu unsere große Busi­ness Story in mehrere kleine.

   

Der Fall: Der Marme­la­den-Konfi­gu­ra­tor

Unser Kunde möchte eine ganz neue Busi­ness­idee verwirk­li­chen: Mit dem Marme­la­den-Konfi­gu­ra­tor sollen sich Kundin­nen und Kunden ihre Konfi­türe online ganz nach ihrem Geschmack zusam­men­stel­len können. Das soll nicht nur für Bestands­kund:innen ein zusätz­li­ches Ange­bot sein, sondern das Unter­neh­men speku­liert auch auf eine ganz neue Ziel­gruppe: auf krea­tive Menschen, die gerne indi­vi­du­a­li­sierte Produkte kaufen.

Ausschnitt aus einem A4 Blatt mit leeren Feldern

Business Story-Poster

Wie erstellt man eine Busi­ness Story? Das Template von HEC GmbH und it-agile hilft dabei. In unse­rem Beispiel wollen wir einen Marme­la­den-Konfi­gu­ra­tor entwi­ckeln.

Business Storys klein schneiden

Busi­ness Storys wie diese sind am Anfang oft sehr groß und ihre Wirkun­gen schwer zu über­bli­cken. Unser Marme­la­den-Konfi­gu­ra­tor zum Beispiel erfor­dert eine umfang­rei­che Weban­wen­dung, die ein brei­tes Sorti­ment an Obst­sor­ten, Aroma­zu­sät­zen und Verpa­ckungs­grö­ßen erfasst. Er soll zudem eine attrak­tive 3D-Ansicht eines Obst­kor­bes bieten, aus dem sich Kund:innen inter­ak­tiv bedie­nen können. Die neue Ziel­gruppe „Käu­fer von indi­vi­du­el­len Marme­la­den“ müssen wir durch Markt­for­schung über­haupt erst noch genauer kennen­ler­nen. Und schließ­lich muss sich die Produk­tion auf ganz neue Rezep­tu­ren und Füll­men­gen einstel­len und diese termin­ge­recht liefern können.

Muster für kompakte Busi­ness Storys

In der Praxis gibt es wieder­­keh­rende Muster, die dabei helfen, Busi­­ness Storys in kompak­tere Arbeit­s­pa­kete zu schnei­­den. Aber nicht jedes Muster führt in jedem Kontext dazu, dass die Busi­­ness Story deut­­lich klei­­ner wird. Es lohnt sich, die verschie­­de­­nen Vari­a­n­ten auszu­pro­­bie­ren und mehrere Muster zu kombi­­nie­ren.

Wirkung reduzieren

Für den Marme­la­den-Konfi­gu­ra­tor haben wir mehrere mögli­che Wirkun­gen für die Kunden und für das Unter­neh­men iden­ti­fi­ziert. Wir können uns auch auf Teile davon beschrän­ken. („Wir wollen, dass mindes­tens 100 Kund:innen (statt 100.000) im ersten Jahr von den neuen Konfigurationsmöglichkeiten Gebrauch machen.“) Wenn wir den Business Case so reduzieren, wird er wahrscheinlich nicht wirtschaftlich sein. Doch wir erhalten schnelles Feedback vom Markt, da wir mit deutlich weniger Marketing und geringerem Vorlauf starten können.

Auf einzelne Wirkungen konzentrieren

Wir können die Story auch entlang der unter­schied­li­chen Wirkungs­di­men­si­o­nen aufsplit­ten: 1. Konfi­gu­ra­tion der Obstsorten und Aromen von Konfitüre. 2. Konfiguration von Portionsgrößen und Mindestabnahme der Konfitüre. 3. Umsatzsteigerung mit Bestandskunden. 4. Erschließung neuer Kundengruppen. Natürlich kann man so entstandene Business Storys auch kombinieren – beispielsweise die Business Storys 1 und 3.

Auf Unternehmenswirkung fokussieren

Wir können uns auf die Unter­neh­mens­wir­kung fokus­sie­ren. Dann lautet unsere Busi­ness Story: „Umsatz­stei­ge­rung mit Bestands­kun­den und Erschlie­ßung neuer Kunden­grup­pen“. Das Wie kann nun völlig anders ausse­hen als bisher. Viel­leicht kann man beides durch Marke­ting errei­chen und braucht gar keinen Marme­la­den-Konfi­gu­ra­tor?

Auf Kundenwirkung fokussieren

Anders­herum können wir uns auch ausschließ­lich auf die Kunden­wir­kung fokus­sie­ren. Die Busi­ness Storys lauten: „Kun­den können Marme­la­den aus vorgegebenen Obstsorten kombinieren“ oder „Kunden können sich individuelle Marmeladen nach ihrem Geschmack anfertigen lassen“. Damit sind die Umsatzziele erstmal sekundär. Man könnte überlegen, einem ausgewählten Kundenkreis zunächst ohne Aufpreis individualisierbare Marmeladen anzubieten oder die Marmeladen von einer anderen Manufaktur in unserem Auftrag fertigen zu lassen.

Entlang der Ergebnistypen schneiden

Busi­ness Storys lassen sich auch entlang der Ergeb­ni­s­ty­pen schnei­den. Wir könn­ten uns zunächst darauf beschrän­ken, die Konfi­gu­ra­tion nur für Erdbeer­mar­me­lade mit verschie­de­nen Aromen anzu­bie­ten. Das redu­ziert nicht nur die Anpas­sun­gen der Produk­tion deut­lich, sondern auch den Entwick­lungs­auf­wand.

Discovery Story oder Walking Skeleton

Manch­mal führen die beschrie­be­nen Muster nicht zum Erfolg. Dann kann man mit den Metho­den "Disco­very Story" und "Walking Skele­ton" klei­nere Vorha­ben umset­zen, die keine eigent­li­chen Busi­ness Storys sind.

Die Disco­very Story soll das Mark­tri­siko redu­zie­ren, indem die Kunden­be­dürf­nisse genauer ermit­telt werden. Wenn wir nicht sicher sind, ob die Kund:innen bereit sind, den Mehr­preis für die Konfi­gu­ra­tion zu bezah­len, können wir das im Vorfeld zum Beispiel durch eine E-Mail-Aktion und Inter­views bei ausge­wähl­ten Perso­nen heraus­fin­den.

Der Walking Skele­ton soll tech­ni­sche Risi­ken verrin­gern und Sicher­heit darüber brin­gen, ob die Einzel­teile insge­samt das Ziel errei­chen. Dafür wird eine funk­ti­ons­fä­hige Simu­la­tion erstellt. Beispiels­weise könn­ten wir auf der Website einen Button "Marme­la­den konfi­gu­rie­ren" anbie­ten. Wer darauf klickt, landet auf einer Website mit den Kontakt­da­ten des Vertriebs. Dieser ermit­telt im Gespräch die indi­vi­du­el­len Wünsche und sorgt für die Umset­zung. Und wir erfah­ren mit wenig Aufwand, ob das Ange­bot genutzt wird.

Die Business Story-Methode

Das Konzept der Busi­­ness Story ist in Zusam­­me­n­a­r­­beit von it-agile GmbH und HEC entstanden. Ulf Mewe (HEC) und Stefan Roock (it-agile) erläutern es in ihrem Fachartikel in Informatik Aktuell im Detail.

Alle inter­es­­sier­ten Nutzer:innen können das Busi­­ness Story Template unter Crea­tive Commons Lizenz verwen­­den.

Oops, an error occurred! Code: 20240329032244b39afd7c Event: 2fde51de88274b79b8f93ec8c9b37f0b